Kleiner Querschnitt über Tandems mit großem Reifenquerschnitt: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. November 2019, 12:20 Uhr

Das Mountainbike hat den Markt für Solos revolutioniert. Welche Auswirkungen haben die MTB-Technologien für den Tandemmarkt? Ergeben Mountain-Tandems Sinn? Und wenn das so ist, für wen?

Es ist eine Binsenweisheit, dass 90% der Solo-MTBs nie den Asphalt verlassen. Ernsthaftes Fahren abseits der Straße erfordert viel Geschicklichkeit und Kraft seitens des Fahrers. Die größere Länge eines Tandems vermindert deutlich die Manövrierfähigkeit. Der unebene Untergrund schlägt beim Hintern des Stokers deutlich mehr durch als ein paar Schlaglöcher auf der Straße.

Aus diesen Gründen glaubte Sheldon Brown nicht daran, dass Mountain-Tandems jemals eine bedeutende Nische beim Fahrradfahren wird. Bedeutet das, dass diese Mountainbike-Tandems dazu verdammt sind, eine esoterische Randerscheinung der Tandemszene zu bleiben? Er glaubte nicht daran.

Wer kauft überhaupt Tandems? Mancher kauft Tandems, weil sie schnell sind. Zwei energische und enthusiastisch Tandemisten, die aufs Draufloshämmern vorbereitet sind, verblasen jeden Solo-Fahrer. Jedoch sind diese gleichwertigen sportiven Fahrradfahrer nicht die üblichen Tandemkäufer.

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Patrick und Christine

Die typischen Tandemkäufer sind verheiratete Paare. Patrick ist ein ernsthafter Fahrradfahrer und Christine nicht. Möglicherweise fühlt sich Patrick schlecht, weil er ständig ohne Christine Fahrrad fahren geht. Möglicherweise ist auch Christine eifersüchtig, weil Patrick viel Zeit auf dem Fahrrad verbringt. Sie haben versucht gemeinsam auf Solos auszufahren, jedoch mochte Patrick es nicht, ständig langsamer zu fahren, und auf Christine zu warten und Christine hat sich unter Druck gesetzt gefühlt, zu schnell und zu weit zu fahren. Daher ist das Tandem die offensichtliche Option zur Problemlösung und es wird eines angeschafft. Patrick wird Kapitän und Christine Stoker. Manchmal löst das ihre Probleme und sie werden aktive Tandemfahrer und sie leben glücklich bis zum Ende Ihrer Tage...

Unglücklicherweise passiert dieses märchenhafte Ende so gut wie nie. Viel zu viele Tandemfahrer fahren ein paar Male zusammen, dann wird das Fahrrad in die Garage gestellt, weil der Stoker es nicht mag. Es gibt zwei konkrete Gründe für die Abneigung des Beifahrers: Angst und Schmerzen.

Falls Patrick ein Geschwindigskeitsdämon ist und vom ersten Augenblick an das volle Geschwindigkeitspotenzial des Tandems ausnutzt, wird Christine sehr ängstlich sein. Christine ist nunmal kein ernsthafter Fahrer, wie wir uns erinnern. Daher hat sie keine Erfahrung mit Hochgeschwindigkeitsfahren - auch nicht, wenn sie die Kontrolle hat. Auf dem Fahrrad sehr schnell unterwegs sein, ohne Kontrolle über das Fahrrad zu haben und eingeschränkter Voraussicht in Kombination mit einem unerfahrenen Kapitän ist eine traumatische Erfahrung für die erste Ausfahrt auf einem Tandem und dürfte so gut wie sicher auch die letzte sein.

Sogar falls Patrick ein rücksichtsvoller und erfahrener Pilot ist, wird Christine durch Wunde Stellen am Hinterteil leiden. Patricks Beine sind so stark, dass sie mehr Körpergewicht tragen. Er wird also nicht so hart im Sattel sitzen wie Christine. Was aber noch schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass Christine Bodenunebenheiten nicht auf sich zukommen sehen kann, so dass sie ständig Prügel von ihrem Sattel auf ihr hinteres Ende erhält.

Falls sich Patrick und Christine als Ersttandemkäufer für ein Mountainbike-Tandem entscheiden, haben sie eine gute Chance, dass es für sie funktionieren wird und sie die frühen Fallstricke vermeiden. Hauptgründe hierfür sind Lenker und Reifen.

Lenker

Ein Kapitän auf dem Tandem zu sein, ist deutlich anstrengender für die obere Körperhälfte als das Fahren auf einem Solo. Beim Solo wird das Steuern und Balance halten im Wesentlichen durch Gewichtsverlagerung erledigt. Beim Tandem - insbesondere mit einem unerfahrenen Stoker - ist das Gesamtgewicht mehr oder weniger komplett unter der Kontrolle des Kapitäns. Daher muss der Lenker mit deutlich mehr Kraft bewegt werden und Tandems werden überwiegend mit breiteren Lenkern als Solos ausgestattet. Aber sogar 44 oder 46 cm breite Dropbars geben weniger Gefühl der Kontrolle als ein gerader Lenker.

Ein Kapitänsneuling (der auch ein erfahrener Solo Fahrer sein kann) hat mit geraden Lenkern bessere Kontrolle. Der Stoker wird diese bessere Kontrolle spüren, sich sicherer fühlen und entspannter sein. Zusätzlich wird das Tandem langsamer fahren, was für einen nervösen Stoker ein deutliches Plus darstellt. Falls dem Kapitän die vielen unterschiedlichen Handpositionen des Dropbars fehlen, können Lenkerhörnchen nachgerüstet werden.

Reifen

Sattelprobleme für den Stoker sind leider sehr real und es gibt viele Ansätze, diese zu lösen. Dazu gehören breitere Sättel, gefederte Sättel, gefederte Sattelstützen und Kombinationen aus all diesen. Eine weitere Angriffsmöglichkeit, die Erfolg verspricht, ist der Einsatz von breiteren Reifen mit niedrigem Luftdruck. Tandems mit Straßenlaufrädern (622 mm/700c oder 630mm/27") haben keine vergleichbare Auswahl an breiten Reifen mit Straßenprofil zu 559mm/26" Laufrädern. Ein breiterer Reifen dämpft nicht nur mehr sondern erzeugt auch auf nicht perfekten Straßen eine höhere Stabilität des Fahrzeugs.

Daher sind Mountainbike-Tandems komfortabler und weniger angsteinflößend für den Stoker.

Ein weiterer Pluspunkt für MTB-Laufräder sind ihre höhere Haltbarkeit und Zuverlässigkeit. Schmalbereifte Tandems werden (im englischen) oft auch "Tantrum" (zu Deutsch "Wuntanfall") betitelt, weil sie oft Reifen-, Speichen- und Felgenprobleme haben. Hochwertige schmalbereifte Tandemlaufräder haben mindestens 40 und häufiger sogar 48 Speichen. Die natürliche Dämpfung der Mountainbike-Reifen erlaubt den Einsatz ordinärer 36-Speichen Laufräder bei exzellenter Zuverlässigkeit.

Geometrie

Man sollte sich bewusst machen, dass einen größeren Geometrieunterschied zwischen mountainbikeartigen Tandems und solchen Tandems gibt, die für echten Geländeeinsatz konzipert sind. Das ist die Tretlagerhöhe. Tandems haben wegen des längeren Radstandes im Allgemeinen höher gelegte Tretlager zu vergleichbaren Solos. Dieser Radstand bring des Tretlager näher an den Untergrund, wenn man über eine Hügelkuppe fährt. Tandems für ernsthaftes Geländeradfahren benötigen sogar für Mountainbikeverhältnisse extra hochgelegte Tretlager. Diese Fahrräder sind für den Straßeneinsatz nicht die erste Wahl, weil die extra hohen Tretlager das Anfahren und Anhalten schwieriger machen. Zumindest für weniger erfahrene Tandemisten ist das so.

Fazit

Man sollte hier nicht den Eindruck haben, dass straßenspezifische Tandems in irgendeiner Form obsolet seien. Der zentrale Punkt der obigen Ausführungen ist lediglich, dass die meisten Paare beim erstmaligen Kauf durch den Griff zum Mountainbikeartigen-Tandem eher einen positiven Anfang machen können und die Wahrscheinlichkeit geringer ist, dass es in der Garage Staub sammelt. Diejenigen, die sich in Ihrer Tandemkarriere weiterentwickeln und sich sorgen, dass die Grenzen, die diese Art Tandems mit sich bringen, auf Dauer den Spaß verderben könnten, können später immer noch ihr Gefährt tauschen. Weil Tandems meistens einen besseren Werterhalt haben als Solos, wird das keine allzu teure Angelegenheit.

Quelle

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel The Skinny on Fat Tire Tandems von der Website Sheldon Browns. Originalautor des Artikels ist Sheldon Brown.