Anfahren und Anhalten

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Es gibt eine Tendenz dazu, zu glauben, dass man Fahrrad fahren "gelernt" hat, wenn man einmal um den Block fahren kann, ohne vom Fahrrad zu fallen und alle Basistechniken des Fahrradfahrens beherrscht. Wie bei den meisten Fähigkeiten gibt es jedoch Verbesserungspotenziale in der Beherrschung des Fahrrads. Ein Fahrradfahrer, der eine gute Technik gelernt hat und praktiziert, ist ein sicherer und effektiverer Fahrradfahrer.

Anfahren

Viele erfahrene Fahrradfahrer haben sich nie die Zeit genommen, das korrekte Auf- und Absitzen auf das Fahrrad zu erlernen. Ihre schlechten Angewohnheiten bringen sie daher unnötig in Gefahr, wenn sie im laufenden Straßenverkehr oder bergauf anfahren wollen.

Eine der grundlegendsten Fertigkeiten das Fahrradfahrens ist es, geradeaus ohne Schlangenlinien zu fahren. Die meisten Fahrradfahrer können dies nicht, ohne eine minimale Geschwindigkeit zwischen acht und dreizehn km/h erreicht zu haben. Eine korrekte Anfahrtechnik hilft dabei, diese kritische Manövriergeschwindigkeit früher zu erreichen. Somit verbringt man weniger Zeit auf einem Fahrrad, das man nur partiell unter Kontrolle hat.

Ein paar falsche Methoden

  • Aufsitzen wie ein Cowboy ist verbreitet unter Fahrradfahrern, die auf einem viel zu großen Fahrrad Fahrradfahren gelernt haben. Es ist wahrhaftig die einzige Methode, auf ein Fahrrad aufzusitzen, dass ernsthaft zu groß für den Fahrer ist. Diese dubiose Technik funktioniert so, dass man neben dem Fahrrad steht, den linken Fuß auf das linke Pedal stellt, sich mit dem rechten Fuß abstößt und das rechte Bein über den Sattel schwingt, während das Fahrrad schon in der Vorwärtsbewegung ist.
    Diese Methode verlagert das Gewicht des Fahrers auf eine Seite das Fahrrads. Dabei werden erhebliche laterale Kräfte auf den Rahmen und die Laufräder ausgeübt. Laufräder sind nicht dafür ausgelegt, solche seitwärts gerichteten Kräfte auszuhalten. Die schlechte Aufsitzmethode ist schlecht für die Laufräder.
  • Schiebendes Aufsitzen funktioniert so, dass man über dem Fahrrad steht, einen Fuß auf ein Pedal stellt und versucht, sich mit dem anderen Fuß vom Boden so abzudrücken, dass man Geschwindigkeit aufnimmt, ohne zu pedalieren. So kann man allerdings weder schnell Geschwindigkeit aufnehmen noch im Berg anfahren.
  • Fliegendes Aufsitzen ist weniger verbreitet und dennoch eine schlechte Methode. Man läuft neben dem Rad her und springt dann aus vollem Lauf in den Sattel. Das machen häufig Fahrer, die in Eile sind (oder Crossfahrer). Diese Methode ist sowohl gefährlich als auch unelegant (es sei denn, man ist ein Crossfahrer).

Korrekte grundlegende Anfahrtechnik

  1. Stelle Dich über den Rahmen (Oberrohr zwischen den Beinen) mit beiden Füßen fest auf dem Boden. Meistens erlangt man diese Position, in dem man ein Bein über den Sattel oder Lenker schwingt. Bei einem Damenrad kann man natürlich den Fuß anheben und durch den tiefen Einstieg führen. Das Fahrrad beim überstiegen zur Seite lehnen, ist sehr hilfreich.
    Während das Fahrrad steht, ist es nicht ratsam in den Sattel zu steigen. Das ist bei korrekt eingestelltem Sattel sowieso nicht möglich.
  2. Bewege die Pedale solange, bis das Pedal auf der Seite, wo Dein weniger geschickter Fuß sich befindet, sich in etwa 45 Grad vor der vertikalen Stellung nach oben vorne befindet.
  3. Setze den Fuß auf das obere Pedal und drücke hart nach unten. Jetzt passieren mehrere Dinge gleichzeitig:
    • Du bekommst eine Steighilfe, um Dein Hinterteil in den Sattel zu heben
    • Es wird eine Vorwärtsbewegung auf die Kette ausgeübt, die das Fahrrad Geschwindigkeit aufnehmen lässt


Es ist erstaunlich.Anfahren und Anhalten sind so fundamentale Techniken - nach dem Erlernen der Balance. Trotzdem werden diese Techniken nicht selbstverständlich gelehrt.

Falls Du nicht gelernt hast, korrekt Anzufahren, nimm Dir die Zeit zu üben. Das hört sich schwierig an, ist jedoch viel leichter als Du jetzt denkst. Wenn Du Dich einmal daran gewöhnt hast, wird es Dir in Fleisch und Blut übergehen. Du wirst ein besserer und sicherer Fahrradfahrer, dem es gelingt, mit dem Fahrrad schnell Geschwindigkeit aufzunehmen und das gefährliche Schlangenlinienfahren zu unterbinden.

Allerdings wirst Du etwas experimentieren müssen, den richtigen Gang zum Anfahren zu finden.

  • Ein zu leichter Gang sorgt für ein zu schnelles Absinken des Pedals, um genügend Unterstützung beim Aufsitzen in den Sattel bieten zu können.
  • Ein zu hoher Gang sorgt dafür, dass das Fahrrad nicht schnell genug Geschwindigkeit aufnimmt, um sichere Balance zu erlangen.

Anhalten

Anhalten ist für die meisten Fahrradfahrer keine große Herausforderung. Aber auch hier gibt es schlechte Angewohnheiten, die man loswerden sollte, um sie durch gute Angewohnheiten zu ersetzen.

Zuerst Herunterschalten

Falls Dein Fahrrad mit einer Kettenschaltung ausgerüstet ist, kannst Du nur Schalten, während sich das Fahrrad bewegt. Es ist lohnenswert, sich anzugewöhnen, erst herunterzuschalten, während man langsam zum Anhaltepunkt gleitet. Damit hat man für das Anfahren meist schon den richtigen Gang eingelegt. Meist bedeutet das, dass man auf den hinteren Ritzeln herunterschaltet (also auf ein größeres Ritzel) und vorne auf das mittlere Kettenblatt schaltet. Natürlich ist das bei einer Panik- oder Notfallsituation nicht unbedingt möglich. Bei kontrollierten Situationen solltest Du Dir das natürlich dennoch antrainieren.

Den Fuß auf den Boden stellen

Vielleicht aus dem Bedürfnis heraus, die schlechte Bremsleistung mit Schuhsohlenleder zu unterstützen, setzen manche Fahrradfahrer den Fuß zu früh auf den Boden. Das kann schmerzhaft sein.

Wenn Du anhälst, solltest Du Dein Gewicht auf das nach unten stehende Pedal verlagern (das geht natürlich nicht bei Fixed Gear Fahrrädern). Der andere Fuß sollte erst dann auf den Boden gesetzt werden, wenn das Fahrrad schon so gut wie steht.

Falls Du den Fuß auf den Boden setzt, bevor das Fahrrad steht, kann folgendes passieren:
Wenn Du bremst, verlangsamen die Bremsen das gesamte Systemgewicht von Fahrrad und Fahrer. Setzt Du nun den Fuß auf den Boden, während sich das Fahrrad noch bewegt, verliert das System schlagartig an Gewicht und die Bremskraft ist plötzlich viel zu hoch für das geringe Gewicht und das Fahrrad hält abrupt an. Dein Körper befindet sich allerdings noch in Vorwärtsbewegung und wenn Du nicht aufpasst, stößt Du Dir Deine Weichteile am Vorbau des stehenden Fahrrads an. Aua!

Wie komme ich zur Philharmonie?

Falls Du zu den vielen Fahrradfahrern gehörst, die trotz jahrelanger Erfahrung nicht von diesen schlechten Gewohnheiten lassen können, ist es nicht zu spät, Deine Fahrtechnik zu verbessern. Diese oben genannten Ansätze mögen Dir zuerst komisch vorkommen. Wenn Du Sie Dir jedoch angewöhnt hast, wirst Du merken, wieviel besser sie funktionieren.

Um die Frage aus der Überschrift zu beantworten: Üben! Üben! Üben!

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Quelle

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Starting and Stopping von der Website Sheldon Browns. Originalautor des Artikels ist Sheldon Brown.